Verbeamtung im Lehrerberuf heutzutage noch sinnvoll?

Die Entscheidung: Verbeamtung ja oder nein?
Wer sich für den Lehrerberuf entscheidet, steht früher oder später vor einer grundlegenden Weichenstellung: Möchte ich als angestellte Lehrkraft arbeiten – oder gehe ich den Weg in die Verbeamtung?
Gerade diese Entscheidung ist alles andere als trivial. Denn das Beamtentum in Deutschland ist umstritten und mit zahlreichen Vorurteilen behaftet: Beamtinnen und Beamte hätten einen lockeren Arbeitsalltag, verdienten überdurchschnittlich gut, seien unkündbar und könnten sich auf eine üppige Pension im Alter freuen. Diese Vorstellungen begegnen uns nicht nur in den Medien oder der öffentlichen Diskussion, sondern manchmal auch im Lehrerzimmer oder im Freundeskreis.
Doch wie viel Wahrheit steckt in diesen Annahmen? Ist die Verbeamtung tatsächlich der „goldene Weg“, dem man im Bildungsbereich blind folgen sollte? Oder haben sich die Bedingungen inzwischen so stark gewandelt, dass eine Festanstellung im Angestelltenverhältnis möglicherweise die klügere, individuellere oder gar menschlichere Entscheidung sein kann?
In diesem Blogbeitrag möchte ich mit euch gemeinsam einen realistischen Blick auf das Beamtentum werfen – abseits von Klischees und Wunschdenken. Wir schauen auf Vor- und Nachteile, auf aktuelle Arbeitsbedingungen, persönliche Lebenslagen und die Frage, wie flexibel oder starr das System heute wirklich ist.
Denn eines ist klar: Die Entscheidung für oder gegen die Verbeamtung sollte nicht nur aus finanziellen Überlegungen getroffen werden – sondern bewusst, gut informiert und individuell passend.
Lasst uns also gemeinsam die Frage stellen:
Ist die Verbeamtung im Lehrerberuf heute noch sinnvoll?
A. Vorhaben
Um die eingangs gestellte Frage fundiert beantworten zu können, nähern wir uns dem Thema aus fünf übergeordneten Perspektiven. Im Zentrum steht dabei der kontinuierliche Vergleich zwischen angestellten und verbeamteten Lehrkräften. Mithilfe von Zahlen, Daten und Fakten möchte ich aufzeigen, ob die gängigen Vorurteile gegenüber dem Beamtentum noch Bestand haben – oder längst überholt sind.
Den Auftakt bildet ein Blick auf die rechtlichen Grundlagen: Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Arbeitsverhältnis angestellter Lehrkräfte und dem Dienstverhältnis verbeamteter Lehrkräfte? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich jeweils? Und wie wird in Konfliktfällen vorgegangen?
Im zweiten Schritt wenden wir uns dem Themenfeld der Versorgung zu – konkret den finanziellen Rahmenbedingungen: Verdienen verbeamtete Lehrkräfte tatsächlich mehr? Wie unterscheiden sich gesetzliche und private Versicherungsmodelle? Und was ist wirklich dran an der immer wieder betonten „üppigen“ Pension im Vergleich zur Rente?
Darauf folgt ein dritter Abschnitt zu weiteren finanziellen Vorteilen und Vergünstigungen, die Lehrkräfte – sowohl im Beamtenstatus als auch im Angestelltenverhältnis – in Anspruch nehmen können.
Nach der Betrachtung dieser drei großen Themenblöcke ziehe ich ein Zwischenfazit: Welche Vor- und Nachteile bringt das Beamtentum tatsächlich mit sich? Gibt es eine klare Tendenz – oder hängt die Entscheidung letztlich von individuellen Lebensumständen ab?
Den Abschluss bildet meine persönliche Einschätzung, gewachsen aus meiner eigenen Dienstzeit: Würde ich heute jemandem zur Verbeamtung raten? Oder überwiegen aus meiner Sicht die kritischen Aspekte – etwa im Hinblick auf die Verantwortung der Dienstherren, sprich: der jeweiligen Bundesländer?
A. Arbeitsstatus: Arbeits- und Dienstverhältnis
Kommen wir nun ins Detail – und beginnen mit einem zentralen Aspekt: dem rechtlichen Status. Denn hier zeigen sich erste, teils deutliche Unterschiede zwischen angestellten und verbeamteten Lehrkräften. Um diese besser einordnen zu können, beleuchten wir drei Kernpunkte: (1) das jeweilige Beschäftigungsverhältnis, (2) die damit verbundenen Verpflichtungen sowie (3) den Umgang mit Konflikt- oder Streitfällen.
1. Angestellte Lehrkräfte
Als angestellte Lehrkraft bist du im öffentlichen Dienst tätig und schließt einen Arbeitsvertrag ab, der auf dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) basiert. Anders als in der freien Wirtschaft ist dieser Vertrag meist nicht mit einer detaillierten Stellenbeschreibung verbunden. Stattdessen regeln Deputatsstunden, Verordnungen und die allgemeinen Bestimmungen des TV-L deine Tätigkeit. Diese Informationen sind öffentlich zugänglich und ermöglichen dir bereits im Vorfeld einen transparenten Einblick in deine zukünftigen Arbeitsbedingungen.
Je nach Bundesland ist dein Arbeitgeber das zuständige Bildungsministerium oder Landesschulamt. Dein Arbeitsverhältnis ist privatrechtlich und unterliegt dem Zivilrecht – das bedeutet auch, dass du grundsätzlich kündbar bist.
Was bedeutet das konkret im Alltag?
Deine Rechte und Pflichten ergeben sich vorrangig aus dem TV-L, ergänzt durch dienstspezifische Verordnungen und Erlasse – viele davon sind an das Beamtenrecht angelehnt, da der Lehrerberuf historisch stark davon geprägt ist. Deine reguläre Arbeitszeit liegt – je nach Bundesland – bei etwa 40 bis 41 Stunden. Innerhalb des Schulbetriebs gelten klare hierarchische Strukturen und Dienstwege, diesst. Verstöße gegen Vorschriften oder Anweisungen können – wie im allgemeinen Arbeitsrecht – eine Abmahnung nach § 106 GewO zur Folge haben. Die Schulleitung handelt dabei im Auftrag des Arbeitgebers, also des jeweiligen Bundeslandes.
Kommt es zu Konflikten, steht dir der Weg zum Arbeitsgericht offen. Aufgrund der privatrechtlichen Natur deines Arbeitsverhältnisses finden Auseinandersetzungen im Rahmen des Arbeitsrechts statt – und nicht selten fällt die Rechtsprechung hier zugunsten der Arbeitnehmerseite aus.
2. Verbeamtete Lehrkräfte
Im Gegensatz dazu steht das Dienstverhältnis verbeamteter Lehrkräfte, das grundlegend anders organisiert ist. Bei Eintritt in den Schuldienst unterzeichnest du keinen Arbeitsvertrag, sondern wirst im Rahmen einer Ernennungszeremonie offiziell in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Du erhältst eine Ernennungsurkunde und legst einen Eid auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie auf dein Bundesland als Dienstherrn ab.
Damit trittst du in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis ein – ein Verwaltungsakt mit weitreichenden Konsequenzen. Du bist nun Landesbeamter mit einer besonderen Verpflichtung gegenüber dem Staat. Diese Treuepflicht ist in Artikel 33 des Grundgesetzes festgeschrieben und erstreckt sich nicht nur auf den dienstlichen Bereich, sondern auch auf das private Verhalten.
Rechtsgrundlagen deiner Tätigkeit bilden unter anderem das Beamtenstatusgesetz, das jeweilige Landesbeamtengesetz und das Landesbesoldungsgesetz. Bei Verstößen gegen Dienstpflichten drohen nicht nur Abmahnungen, sondern auch disziplinarrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Besonders heikel: Auch privates Fehlverhalten, etwa in sicherheitsrelevanten Bereichen, kann geahndet werden.
Und wie sieht es im Streitfall aus?
Hier kommt nicht das Arbeitsgericht, sondern das Verwaltungsgericht zum Einsatz. In diesen Verfahren wird häufig betont, dass sich Beamte bewusst und freiwillig für das Dienstverhältnis entschieden haben – was bei der Auslegung der Urteile zu einer eher dienstherrnfreundlichen Sichtweise führen kann.
Ob die Vorteile des Beamtenstatus diese besonderen Herausforderungen aufwiegen, betrachten wir im weiteren Verlauf genauer.
3. Rechtliche Unterschiede anhand dreier Beispiele
a. Arbeitszeiterfassung bei Lehrern
Ein besonders anschauliches Beispiel für die strukturellen Unterschiede im Lehrerberuf ist die Arbeitszeiterfassung. Gerade für Quereinsteiger oder junge Lehrkräfte wirkt dieses Thema oft widersprüchlich und wirft viele Fragen auf.
Die Arbeitszeit von Lehrkräften wird in Deutschland traditionell über sogenannte Deputatsstunden geregelt – das heißt, gezählt werden in erster Linie die Stunden, in denen tatsächlich Unterricht gehalten wird. Je nach Schulform sind das oft um die 25 Stunden pro Woche. Schnell entsteht daher von außen der Eindruck eines „Halbtagsjobs“ – ein hartnäckiges Vorurteil, das der Realität allerdings nicht gerecht wird.
Denn zur Unterrichtstätigkeit kommt eine Vielzahl weiterer Aufgaben: Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen, Elterngespräche, Dienstberatungen, Notenkonferenzen, Verwaltungsaufgaben und vieles mehr. All diese Tätigkeiten werden vom Dienstherrn pauschaliert geschätzt, bis die 40/41 Zeitstunden (á 60 min.) erreicht werden. Doch ob dieses Modell der heutigen Arbeitsrealität noch gerecht wird, ist mehr als fraglich.
2019 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Arbeitgeber in der EU ein objektives, verlässliches System zur Arbeitszeiterfassung einführen müssen – auch im öffentlichen Dienst. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte 2022, dass eine entsprechende Pflicht bereits aus dem bestehenden Arbeitsschutzgesetz hervorgeht.
Und hier wird es spannend: Denn für angestellte Lehrkräfte, die dem Tarifvertrag der Länder unterliegen, ist dieses Urteil nicht direkt bindend – doch es kann dennoch genutzt werden, um Veränderung anzustoßen.
Angestellte Lehrkräfte haben die Möglichkeit, offiziell eine Arbeitszeiterfassung einzufordern – beispielsweise durch eine Anfrage beim Arbeitgeber. Dabei kann Unterstützung durch Personalräte und Gewerkschaften hilfreich sein. Reicht das nicht aus, wäre auch eine Individualklage denkbar. Allerdings birgt das Verfahren Risiken: So besteht die Gefahr, dass Überlastung auf individuelles Fehlverhalten zurückgeführt wird. Deshalb ist eine breite Beteiligung entscheidend, um strukturelle Missstände sichtbar zu machen. Positiv: Einige Bundesländer – wie aktuell Sachsen – führen bereits Erhebungen zur Arbeitsbelastung durch oder Bremen möchte als Pilotbundesland ab dem Schuljahr 26/27 ordentliche Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte einführen.
Für verbeamtete Lehrkräfte gestaltet sich die Situation schwieriger. Hier sind Handlungen (Arbeitszeitschätzung) seitens der Dienstherren immer Verwaltungsakte. Gegen diese Schätzung kann Widerspruch erhoben werden (für Beamte aber ich da was vorbereitet). Mit einer selbstständig dokumentierten Arbeitszeit (bspw. mittels einer Exceldatei) können diese Aufzeichnungen als Grundlage für eine spätere Klage dienen. Aber auch hier gilt: Die Dienstherren könnten versuchen, individuelle Überlastung statt systemischer Defizite zu unterstellen. Deshalb ist auch für verbeamtete Lehrkräfte kollektives Handeln unerlässlich.
Ob angestellt oder verbeamtet – die Arbeitszeiterfassung bleibt ein neuralgischer Punkt im Lehrerberuf. Die derzeitige Praxis spiegelt weder die tatsächliche Belastung noch die Vielfalt der Aufgaben realistisch wider. Es braucht mehr Transparenz, rechtliche Klarheit und vor allem: Anerkennung für das, was Lehrkräfte tagtäglich leisten.
b. Schulwechsel
Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion um das Dienstverhältnis oft zu kurz kommt, ist der Schulwechsel. Ob aus Unzufriedenheit, familiären Gründen oder dem Wunsch nach einem Tapetenwechsel – viele Lehrkräfte tragen sich im Laufe ihrer Karriere mit dem Gedanken, die Schule oder sogar das Bundesland zu wechseln.
Doch ganz so einfach ist das nicht.
Gerade in Zeiten des akuten Lehrermangels und des zunehmenden Wettbewerbs der Bundesländer um qualifizierte Fachkräfte wird der Schulwechsel schnell zur bürokratischen Hürde. Besonders für verbeamtete Lehrkräfte stellt sich dabei oft die Frage: Wie beweglich bin ich wirklich?
In beiden Statusgruppen gilt: Der Dienstweg muss eingehalten werden. Wer seine Schule oder das Bundesland verlassen möchte, muss dies fristgerecht der Schulleitung mitteilen und einen offiziellen Antrag stellen. Ob dieser Antrag genehmigt wird, hängt maßgeblich von der Personalsituation vor Ort und den unterrichteten Fächern ab. Besonders in Mangelfächern ist eine Freigabe durch die Schulleitung alles andere als selbstverständlich.
Angestellte Lehrkräfte haben in dieser Situation zumindest die Option, den Dienstvertrag zu kündigen, wenn sich der Wechsel anderweitig nicht realisieren lässt. Ein klarer Vorteil gegenüber Beamten – allerdings mit möglichen Nachteilen, etwa längeren Wartezeiten bis zu einer neuen Anstellung oder Verlust von Erfahrungsstufen beim Wechsel des Bundeslands. Auch Fragen zur Anerkennung von Abschlüssen oder zur Eingruppierung können zusätzliche Stolpersteine darstellen.
Für verbeamtete Lehrkräfte gestaltet sich ein Wechsel noch schwieriger. Zwar ist auch hier eine Kündigung möglich – sie führt zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Anders als häufig behauptet, verlieren Beamte dabei jedoch nicht automatisch ihre Rentenansprüche: Sie werden in die gesetzliche Rentenversicherung nachversichert.
Trotzdem sind Beamte deutlich stärker an ihr Bundesland gebunden. In Extremfällen kann es sogar zu einer Zwangsversetzung kommen – etwa, um die Unterrichtsversorgung an anderen Standorten zu sichern. Solche Abordnungen können auch längere Pendelstrecken oder gar einen Wechsel in eine andere Region bedeuten – eine Belastung, die insbesondere für Lehrkräfte mit Familie oder Pflegeverpflichtungen schwer wiegt.
Mobilität bleibt im Lehrerberuf ein Thema mit vielen Fallstricken. Wer flexibel bleiben will – sei es für die Karriereplanung oder aus privaten Gründen – sollte die Regelungen genau kennen. Besonders beim Wechsel des Bundeslands gilt: Gute Planung, rechtzeitige Antragstellung und eine realistische Einschätzung der Konsequenzen sind entscheidend. Ob man mit den damit verbundenen Einschränkungen leben möchte, ist letztlich eine sehr persönliche Entscheidung.
c. Überzahlung von Entgelt/Besoldung
Im dritten Beispiel geht es um ein Thema, das selten offen diskutiert wird, aber durchaus große finanzielle Auswirkungen haben kann: die Überzahlung von Bezügen. Gemeint ist damit, dass du als Lehrkraft mehr Geld erhältst, als dir eigentlich zusteht – meist durch einen administrativen Fehler. Was auf den ersten Blick wie ein Glücksfall wirken mag, kann sich im Nachhinein als teurer Irrtum erweisen.
Ein ehemaliger Kommilitone berichtete mir zufällig von genau so einem Vorfall. Bei einem Treffen erzählte er, wie er nach seinem Referendariat mit einer Rückforderung konfrontiert wurde. Der Fehler lag nachweislich bei der Bezügestelle: Vermutlich hatte ein Verwaltungsangestellter beim Eintrag in einer Dropdownliste eine falsche Auswahl getroffen – ein menschliches Versehen, wie es in der teils noch immer analogen Behördenwelt durchaus vorkommen kann.
Wie aber wird in solchen Fällen rechtlich unterschieden? Wer muss zurückzahlen – und wer nicht?
Für angestellte Lehrkräfte gilt der Tarifvertrag der Länder (TV-L). Laut § 37 verfallen Ansprüche, die nicht innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden. Wird also eine Überzahlung nicht fristgerecht von der Verwaltung eingefordert, kann sie unter Umständen nicht mehr zurückgefordert werden. Eine klare Regelung – und ein gewisser Schutz für die Betroffenen.
Anders sieht es bei verbeamteten Lehrkräften aus. Beamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Selbst nach Beendigung des Beamtenstatus – etwa nach dem Referendariat – können Verpflichtungen bestehen bleiben. So entschied das Verwaltungsgericht Oldenburg in einem ähnlich gelagerten Fall, dass eine Überzahlung auch rückwirkend eingefordert werden darf, solange dabei keine steuerlichen Nachteile entstehen. Der ehemalige Referendar musste den Bruttobetrag zurückzahlen.
Die Begründung: Der Fehler der Behörde sei nicht schwerwiegend genug gewesen, um den Beamten von der Verantwortung zu entbinden. Er hätte seine Gehaltsabrechnungen sorgfältiger prüfen müssen – ein Argument, das durchaus diskutabel ist, aber juristisch Bestand hatte.
Der Fall zeigt: Das Beamtenverhältnis bringt nicht nur Privilegien mit sich, sondern auch weitreichende Pflichten – selbst nach dem Ausscheiden aus dem Dienst. Wer in dieses System eintritt, übernimmt Verantwortung, die in manchen Fällen auch sehr konkret ins Portemonnaie greifen kann.
Für viele junge Lehrkräfte ist das ein abschreckendes Beispiel. Es unterstreicht einmal mehr, wie wichtig es ist, sich vor einer Entscheidung für oder gegen die Verbeamtung umfassend mit allen Konsequenzen auseinanderzusetzen – auch den weniger offensichtlichen.
C. Versorgung und Vergütung - die Unterschiede
Nach dem Blick auf das rechtliche Arbeitsverhältnis wenden wir uns nun einem der meistdiskutierten Themen im Lehrerberuf zu: der Vergütung und Versorgung. Dabei geht es nicht nur um die bloße Frage: „Wer verdient mehr?“, sondern um die grundlegenden Unterschiede zwischen Besoldung (für verbeamtete Lehrkräfte) und Entgelt (für angestellte Lehrkräfte). Außerdem werfen wir einen Blick auf die dahinterliegenden Prinzipien und Rahmenbedingungen, die diese Unterschiede erklären.
1. Warum gibt es überhaupt eine Besoldung?
Anders als angestellte Lehrkräfte, deren Gehalt nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) geregelt ist und bundesweit einheitlich ausfällt, erhalten verbeamtete Lehrkräfte eine sogenannte Besoldung. Diese wird durch das jeweilige Bundesland als Dienstherr festgelegt – denn Bildung ist in Deutschland bekanntlich Ländersache. Die Folge: Jedes Bundesland kann individuell entscheiden, wie hoch es seine Beamten bezahlt. Um jedoch konkurrenzfähig zu bleiben und keine Lehrkräfte an andere Bundesländer zu verlieren, sind die Besoldungstabellen in der Praxis dennoch oft recht ähnlich.
Ein Detail, das häufig für Missverständnisse sorgt: Beamte erhalten ihre Besoldung bereits zu Beginn des Monats, angestellte Lehrkräfte dagegen rückwirkend am Monatsende. Dieser Umstand wird von manchen fälschlicherweise als Hinweis auf „Privilegien“ gewertet. Tatsächlich dient diese Regelung der finanziellen Unabhängigkeit der Beamtenund soll unter anderem Korruption vorbeugen.
Drei Prinzipien, die die Besoldung bestimmen
Die Besoldung von Beamten basiert auf drei zentralen verfassungsrechtlich verankerten Grundsätzen:
- Das Mindestabstandsgebot
Es garantiert, dass die unterste Besoldungsgruppe mindestens 15 % über dem Niveau der staatlichen Grundsicherung liegt. - Das Abstandsgebot
Es sorgt dafür, dass die Einkommensabstände zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen (z. B. A12 vs. A13) nachvollziehbar und gerecht bleiben. - Das Alimentationsprinzip
Es verpflichtet den Staat dazu, seine Beamten lebenslang angemessen zu versorgen – sowohl während der Dienstzeit als auch im Ruhestand. Das ist ein entscheidender Unterschied zur Rentenabsicherung angestellter Lehrkräfte.
2. Und nun zur großen Frage: Wer verdient mehr?
Verbeamtete Lehrkräfte verdienen – zumindest auf dem Papier – oft mehr als ihre angestellten Kolleg:innen mit vergleichbarer Dienstzeit. Dies liegt zum einen an der Bruttobesoldung, die in der Regel höher ist, und zum anderen an geringeren Abzügen, z. B. durch den Wegfall von Sozialversicherungsbeiträgen (da Beamte privatversichert sind). Gleichzeitig profitieren Beamte später von der Pension, die oft über dem Rentenniveau liegt.
Doch: Die höhere Besoldung ist kein Selbstläufer. Sie geht mit weitreichenden Verpflichtungen einher – und auch der Status als Beamter bringt, wie wir bereits gesehen haben, einige rechtliche Besonderheiten mit sich.
In der öffentlichen Diskussion – und insbesondere in satirischen Formaten wie denen des ZDF – wird die Besoldung von Lehrkräften regelmäßig aufs Korn genommen. Ich selbst wurde durch einen Beitrag dazu angeregt, das Thema einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn dort präsentierte man eine Tabelle, die auf den ersten Blick schlüssig wirkte – bei näherer Betrachtung aber unzureichend recherchiert war.
Satire darf überspitzen – keine Frage. Doch wenn es um unsere berufliche Realität geht, sind Fakten wichtiger als Pointen. Besonders häufig kursieren Fehlannahmen rund um die private Krankenversicherung (PKV) und die Pensionen. Ein oft gehörter Satz: „Im Ruhestand reichen 300 Euro für die PKV völlig aus.“ – Das ist in der Realität schlichtweg nicht haltbar. Bevor wir jedoch zu sehr ins Detail gehen, schauen wir uns zunächst die Grundlagen der Vergütung genauer an.
a. Erfahrungsstufen im Vergleich – TV-L vs. A-Besoldung
Wie bereits erwähnt, orientiert sich das Gehalt von Lehrkräften entweder an den Entgelttabellen des Tarifvertrags der Länder (TV-L) für Angestellte oder an den Besoldungstabellen für Beamte. Viele Bundesländer haben in den letzten Jahren Anpassungen vorgenommen, sodass Grundschullehrkräfte heute in der Regel ebenfalls in Entgeltgruppe 13 bzw. Besoldungsgruppe A13 eingestuft sind – genauso wie Lehrkräfte an weiterführenden Schulen.
Was viele nicht wissen: Zwischen Angestellten und Beamten gibt es deutliche Unterschiede bei der Systematik der Gehaltsentwicklung, insbesondere bei den sogenannten Erfahrungsstufen.
Angestellte Lehrkräfte:
- Durchlaufen sechs Erfahrungsstufen
- Der Stufenaufstieg erfolgt automatisch mit den Dienstjahren
- Die Endstufe wird nach 15 Jahren erreicht
- Beispiel: Jemand startet mit 24 Jahren ins Berufsleben und erreicht mit 39 die Endstufe – bleibt dort dann bis zur Pensionierung
Verbeamtete Lehrkräfte:
- Durchlaufen acht Erfahrungsstufen
- Die Verweildauer in jeder Stufe ist länger
- Der Aufstieg zur Endstufe dauert rund 22 Jahre
- Die Verweildauer in der Endstufe ist damit auch länger (meist ca. 21 Jahre)
Warum das wichtig ist
Diese Unterschiede wirken sich deutlich auf die Gesamtvergütung über die Lebensarbeitszeit aus. Während Angestellte relativ schnell das Maximum erreichen, erfolgt der Gehaltsanstieg bei Beamten langsamer – aber dafür nachhaltiger und mit langfristiger Perspektive auf Versorgung und Pension.
Ob diese Entwicklung für dich persönlich ein Vorteil oder Nachteil ist, hängt von vielen Faktoren ab – von deiner Lebensplanung über gesundheitliche Aspekte bis hin zur finanziellen Priorisierung. Aber: Nur wer die Unterschiede kennt, kann bewusst entscheiden.